Peter Storfer, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Kärnten
© WKK, Sabine Biedermann

Gewerbe und Handwerk steht unter Hochspannung

Die aktuelle Konjunkturerhebung für 2024 und das 1. Quartal 2025 zeigt: Die Lage ist ernst – in nahezu allen Branchen steht das Kärntner Gewerbe und Handwerk unter großem Druck. Real sinkende Umsätze, stagnierende Auftragslagen und große Herausforderungen bei Fachkräften, Kosten und Investitionsbereitschaft zeichnen ein Bild der Unsicherheit.

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 10.04.2025

Das Gewerbe und Handwerk in Kärnten befindet sich in einer kritischen Phase. Die strukturelle Schwäche bei Investitionen, die stagnierende Auftragslage und die hohe Belastung durch Kosten und Bürokratie erfordern dringend politisches Umdenken. Der neueste Konjunkturbericht zeigt: Trotz Preissteigerungen schrumpft die Wirtschaftsleistung real. Investitionen bleiben aus, Auftragsbestände schmelzen, und die Erwartungen für 2025 sind alles andere als optimistisch. Das Handwerk steht mit dem Rücken zur Wand. Wie die rund 20.000 Kärntner Gewerbe- und Handwerksbetriebe das abgelaufene Jahr abgeschlossen und wie sich die Umsätze und Aufträge von Jänner bis März 2025 entwickelt haben – darüber geben die Ergebnisse der Konjunkturbeobachtung für das Gesamtjahr 2024 und das 1. Quartal 2025 der KMU Forschung Austria Auskunft.

„Das vergangene Jahr war für das Gewerbe und Handwerk, das weiterhin das rezessive Umfeld spürt, ein herausforderndes, eine gesamtwirtschaftliche Erholung ist nicht in Sicht. Jetzt kommt mit den neuen US-Zöllen zusätzlicher Gegenwind, die unseren Export belasten. Die Aussichten für die kommenden Monate sind alles andere als rosig. Es braucht jetzt entschlossene politische Maßnahmen – sonst droht einigen Betrieben das wirtschaftliche Aus“, warnt Peter Storfer, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Kärnten. 

Rückblick auf das Jahr 2024

Die Umsätze im Kärntner Gewerbe und Handwerk stiegen 2024 nominell um 0,7 %, was leicht über dem österreichweiten Schnitt von –0,3 % liegt. Allerdings führten inflationsbedingt höhere Verkaufspreise (+3,8 %) zu einem preisbereinigten Umsatzrückgang von –3,1 % - ein etwas geringerer Rückgang als im Bundesvergleich (österreichweit: –4,5 %).  

35 % der Unternehmen in Kärnten meldeten Umsatzsteigerungen, bei 38 % blieb das Niveau stabil, während 27 % Rückgänge verzeichneten. Die Verkaufspreise stiegen im Schnitt um 3,8 %, was unter dem Strich zu einem realwirtschaftlichen Minus führte.

Besonders betroffen waren die Bereiche Kfz/Mechatronik (-4,3 %), Bau sowie Gesundheit/Wellness (je -4,0 %) und Personaldienstleistungen (-4,5 %). Einzig die Lebensmittelbranche konnte real leicht zulegen (+1,5 %). Die Investitionen blieben verhalten: Im Durchschnitt wurden 3.600 Euro pro Beschäftigten investiert – davon 48 % in Ersatz-, 34 % in Erweiterungs- sowie 18 % in Rationalisierungsinvestitionen.  Damit liegt Kärnten im Bundesländervergleich im unteren Mittelfeld.

So verlief das erste Quartal 2025

Im ersten Quartal 2025 war die wirtschaftliche Lage im Kärntner Gewerbe und Handwerk verhalten. Nur 15 % der Betriebe bewerteten ihre Geschäftslage als gut, 33 % als schlecht. Daraus ergibt sich ein Saldo von –18 Prozentpunkten. Besonders negativ fiel die Stimmung in der Kreativbranche und bei Personaldienstleistern aus. Auch die Umsatzentwicklung zeichnete ein negatives Bild: In den konsumnahen Branchen meldeten 30 % einen Rückgang, nur 16 % ein Plus. Der Auftragsbestand in den investitionsgüternahen Branchen sank im Vergleich zum Vorjahr um 5,9 %. Gleichzeitig gaben 60 % an, sofort freie Kapazitäten zu haben. 

Die Erwartungen für das zweite Quartal 2025

Gesamtwirtschaftlich zeichnet sich für die Monate April bis Juni 2025 eine Fortsetzung der Stagnation ab. Nur 18 % der Kärntner Betriebe erwarten steigende Umsätze, während 32 % mit sinkenden Umsätzen rechnen. Die Investitionsbereitschaft ist weiterhin gering: 59 % wollen nicht investieren, nur 17 % wollen diese ausweiten. Hauptgründe sind Preisunsicherheit, schwache Auftragslage und schwierige Finanzierungsbedingungen. Besonders kritisch bleibt die Lage in der Bauwirtschaft und bei investitionsgüternahen Betrieben. Auch die konsumnahe Nachfrage zieht kaum an. Positiv fällt jedoch die Personalplanung auf: 28 % der Betriebe wollen neue Mitarbeiter einstellen, vor allem im Bau- und Personaldienstleistungsbereich. Storfer: „Das zeigt, dass trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten in einigen Bereichen wieder etwas Optimismus und Wachstumspläne vorhanden sind.“ 

Bauwirtschaft bleibt auch 2025 unter Druck

In der Bauwirtschaft bleibt die Lage weiter angespannt und bleibt trotz punktueller Stabilisierung konjunkturell unter Druck. Zwar stieg der Auftragsbestand im Jahresvergleich leicht um 9,2 %, jedoch nur ausgehend von einem niedrigen Niveau. Lediglich 8 % der Betriebe erwarten im zweiten Quartal steigende Umsätze, 12 % rechnen mit Rückgängen. Die Personalplanung ist verhalten, Kapazitäten sind überwiegend verfügbar – 39 % der Unternehmen könnten sofort zusätzliche Aufträge übernehmen, 33 % innerhalb von 3 Monaten. Ein nachhaltiger Aufschwung ist nicht in Sicht. Eine Stärkung der Baukonjunktur ist daher dringend erforderlich. 

Unsicherheit widerspiegelt sich in den Erwartungen nach Branchen unterschiedlich

Auch die investitionsgüternahen Branchen wie Metalltechnik, Elektroinstallation oder Holzbau kämpfen 2025 mit verhaltenen Auftragseingängen. Der Auftragsbestand ist im Vergleich zum Vorjahr um -5,9 % gesunken. Besonders dramatisch ist der Rückgang im Holz-/Kunststoffbereich mit -23,8 %. Konsumnahen Branchen – wie etwa Kreativwirtschaft, Kfz-Betriebe, Gesundheits- oder Lebensmittelgewerbe - leiden weiterhin unter einer schwachen Nachfrage.  

Wichtige Meilensteine auf Schiene gebracht

Mit gezielten Maßnahmen wurden neue Impulse für Haushalte und das Gewerbe und Handwerk gesetzt. Zu den wichtigsten Meilensteinen zählen: 

  • „Sauberes Heizen für Alle“: Förderzusage wird zur Finanzierungshilfe
    Mit dem Start der Aktion „Sauber Heizen für Alle“ wurde ein wichtiger Meilenstein für einkommensschwache Haushalte sowie Gewerbe- und Handwerksbetriebe gesetzt. Das neue Förderprogramm erleichtert nach dem abrupten Ende der Bundesaktion „Raus aus Öl und Gas“ den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme erheblich. Ein zentraler Fortschritt: Förderzusagen gelten künftig als Sicherheit für Bankkredite – damit fällt für viele Haushalte die Hürde der Vorfinanzierung beim Heizungstausch weg. Peter Storfer betont: „Das ist ein wichtiges Signal für unsere Installateure und auch für andere Handwerker, die im Zuge eines Heizungstausches gebraucht werden. Sie erhalten dadurch Aufträge und können so Arbeitsplätze sichern und langfristig auch halten.“

  • Anhebung der Schwellenwerte
    Hoffnung in der Branche geben die Anhebung der Schwellenwerte für öffentliche Aufträge von 100.000 auf 144.000 Euro, was kleineren Betrieben unbürokratischen Zugang zu öffentlichen Vergaben erleichtert und regionale Wertschöpfung sowie Arbeitsplätze sichert. 

  • Handwerkerbonus geht 2025 in die Verlängerung
    Der im Vorjahr erfolgreich gestartete Handwerkerbonus wird auch heuer fortgesetzt. Damit werden weiterhin zahlreiche handwerkliche Leistungen im privaten Wohn- und Lebensbereich – wie Sanierungen, Renovierungen sowie Aus- und Zubauten – finanziell gefördert. Spartenobmann Storfer hebt die breite Wirkung der Maßnahme hervor: „Der Handwerkerbonus ist ein Gewinn für die Konsument:innen, die dabei Geld sparen und auf Top-Qualität setzen können. Er hilft den Betrieben, weil Investitionen früher getätigt werden. Und er rechnet sich auch für den Staat, da Schwarzarbeit verhindert wird und sich die Maßnahme in Summe selbst finanziert.“

  • NoVA-Befreiung für Klein-Lkw ab 1. Juli bringt Entlastung für Betriebe
    Ab 1. Juli 2025 tritt eine wichtige steuerliche Entlastung für das Gewerbe in Kraft: Klein-Lkw werden von der Normverbrauchsabgabe (NoVA) befreit. Damit setzt die Bundesregierung eine langjährige Forderung der Wirtschaft um und entlastet insbesondere Handwerksbetriebe, für die solche Fahrzeuge unverzichtbar sind. Die Maßnahme sorgt nicht nur für weniger Anschaffungskosten, sondern stärkt auch die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen. Gerade in Zeiten steigender Betriebskosten ist diese Entscheidung ein wichtiges Signal zur Unterstützung des Wirtschaftsstandortes. 

Wo es „drückt“ und was geplant ist

2025 steht das Kärntner Gewerbe und Handwerk unter erheblichem Druck. Hauptbelastungen sind Steuern und Abgaben (56 %), steigende Rohstoffpreise (49 %), Arbeitskosten (48 %), anhaltender Fachkräftemangel (48 %) und Bürokratie (43 %). Besonders kritisch: 38 % der Betriebe leiden unter der schwachen Kundennachfrage. „Das Kärntner Gewerbe und Handwerk steht wirtschaftlich, strukturell und personell unter massiven Druck. Real sinkende Umsätze, fehlende Aufträge, kaum Investitionen und ein sich verschärfender Fachkräftemangel bringen viele Betriebe an ihre Belastungsgrenze. Trotz positiver Einzelmaßnahmen wie Handwerkerbonus oder NoVA-Befreiung bleibt die Lage angespannt. Wir fordern: Weniger Bürokratie, spürbare Steuererleichterungen, Investitionsanreize und eine echte Offensive gegen den Fachkräftemangel. Das Handwerk ist bereit, Verantwortung zu übernehmen – aber es braucht endlich die Rahmenbedingungen, um wieder durchstarten zu können“, so Storfer abschließend.

Weitere interessante Artikel
  • Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl, Manuel Kapeller-Hopfgartner, Obmann der WK-Fachgruppe Seilbahnen, Landesrat Sebastian Schuschnig
    Seilbahnen wollen Kärnten zu einem Aushängeschild für nachhaltigen Wintertourismus machen
    Weiterlesen