Person mit Brille mittleren Alters sitzt in Businesskleidung an einem Schreibtisch und bearbeitet ein Dokument mit einem Stift, im Hintergrund ist eine helle Fensterfront
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Vergabetipp: Kontradiktorische Prüfung der Preisangemessenheit

von Dr. Andreas Gföhler, Rechtsanwalt bei Schramm Öhler RAe und Angela Vogl-Prenner, LL.M., Rechtsanwältin bei Schramm Öhler RAe und Mag. Lukas Faltner, Rechtsanwaltsanwärter bei Schramm Öhler RAe.

Lesedauer: 2 Minuten

18.03.2025

Das Ausscheiden eines Angebots nach § 141 Abs 1 Z 3 Bundesvergabegesetz 2018 (in der Folge: BVergG 2018) aufgrund einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB. spekulative Preisgestaltung) setzt eine vertiefte Angebotsprüfung voraus. Die:Der Auftraggeber:in darf das Angebot daher nur dann ausscheiden, wenn trotz des ergänzenden Vorbringens der.des Bieterin:Bieters die Preise für die:den öffentlichen Auftraggeber:in nicht angemessen bzw. betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) beschäftigte sich kürzlich mit diesem Thema:

Die Marktgemeinde R schrieb als Auftraggeberin im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung im Oberschwellenbereich die Vergabe des Dienstleistungsauftrags „Generalplanerleistungen inklusive örtliche Bauaufsicht für die Herstellung eines Kanals zwischen K-S und B in der Marktgemeinde XY“ aus. Eine Bieterin beantragte mittels Nachprüfungsantrag die Nichtigerklärung der an sie übermittelten Ausscheidensentscheidung, welche aufgrund einer aus Sicht der Auftraggeberin nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreis ausgesprochen wurde, sowie der Zuschlagsentscheidung.

Das LVwG Salzburg (LVwG) wies die Nachprüfungsanträge als unbegründet ab. Es begründete die Entscheidung damit, dass die von der Bieterin „vorgebrachte Begründung“ den sehr niedrigen Letztangebotspreis nicht rechtfertigen könne und die Argumente nicht stichhaltig seien. Dies habe daher nach Ansicht des LVwG zu einem unplausibel zusammengesetzten Gesamtpreis geführt und sei das Angebot daher jedenfalls auszuscheiden gewesen.

Der in weiterer Folge mit der Angelegenheit befasste VwGH führte zum Vorgehen im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der Preise folgendes aus: Gemäß § 137 Abs 1 BVergG 2018 ist es Aufgabe der Auftraggeberin, die Angemessenheit des Preises zu beurteilen. Weisen Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis auf, muss die Auftraggeberin eine vertiefte Angebotsprüfung vornehmen. Maßstab für das Vorliegen eines ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreises ist der Vergleich mit der Kostenermittlung der Auftraggeberin sowie der Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote. Das bloße Vorliegen eines ungewöhnlichen niedrigen Gesamtpreises berechtigt die Auftraggeberin jedoch noch nicht zum Ausscheiden des Angebots. Vielmehr setzt ein Ausscheiden eines solchen Angebotes eine mehrstufige Vorgangsweise der Auftraggeberin in Form einer kontradiktorischen (vertieften) Überprüfung der Preise voraus:

1. Prüfung, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind; hierzu kann insbesondere geprüft werden, ob im Preis von Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die

Aufwands- und Verbrauchsansätze sowie die Personalkosten, diese insbesondere im Hinblick auf die dem Angebot zugrunde gelegten Kollektivverträge, nachvollziehbar sind.

Die Auftraggeberin hat lediglich eine grobe Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob ein seriöses Unternehmen die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann. Kann eine betriebswirtschaftliche Erklärung für die auffälligen Preise gefunden werden, so ist von einem angemessenen Preis auszugehen. Kommt die Auftraggeberin hingegen zum Ergebnis, dass das Angebot betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar ist,

2. hat sie in einem weiteren Schritt von der Bieterin eine verbindliche Aufklärung zu verlangen. Die Aufklärung hat in kontradiktorischer Weise zu erfolgen, indem die Auftraggeberin eine Aufklärung über die Elemente des als ungewöhnlich eingestuften Angebots zu verlangen hat, die ihre Zweifel konkret hervorgerufen haben.

Die abschließende Beurteilung des zweifelhaften Angebots im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung hat unter Berücksichtigung aller durch die Bieterin im Rahmen der Aufklärung vorgebrachten Argumente zu erfolgen. Ein Ausscheiden des Angebots nach § 141 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 wegen nicht plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises ist daher nur möglich, wenn nach erfolgter vertiefter Angebotsprüfung und trotz erfolgter Aufklärung durch die Bieterin die Preise für die Auftraggeberin betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar sind.

Verwaltungsgerichtshof vom 03.09.2024, Ra 2021/04/0101

LVwG Salzburg vom 19.02.2021, Zl. 405-5/85/1/22-2021