Person mit Ohrenschutz und Schutzbrillen hält Holzbrett in Tischkreissäge, nebenstehend weitere Person mit Ohrenschutz und Schutzbrillen Bretter haltend,  im Hintergrund verschwommen Holzbretter an Wand lehnend
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Wirtschaft begrüßt neues Lehrberufspaket, warnt aber vor Streichungen bei Lehrlingsförderungen

Die Wirtschaft begrüßt das neue Lehrberufspaket, das Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer am Donnerstag vorgestellt hat. Tatsächlich handelt es sich bei der Lehrlingsausbildung angesichts des Fachkräftemangels um eine "wirtschaftspolitische Zukunftsfrage" für Österreich.

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Aktualisiert am 17.04.2025

"Ja, es stimmt: Unsere Ausbildungsbetriebe leisten immens wertvolle Arbeit. Es lohnt sich, gezielt in die Ausbildung unserer Fachkräfte von morgen zu investieren", betont Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, in der knapp die Hälfte aller Lehrlinge ausgebildet wird. "Aktuell macht uns folgende Entwicklung große Sorge: Den Ausbildungsbetrieben drohen schon ab Sommer 2025 drastische Kürzungen in der Lehrstellenförderung. Sie haben sich auf diesen Zuschuss verlassen und ihn fix eingeplant, er ist auch eine symbolische Anerkennung. Denn die Betriebe müssen immer mehr schulische und soziale Defizite kompensieren, der Betreuungsaufwand und die Kosten sind massiv gestiegen. Ich habe die große Sorge, dass eine Streichung für viele, vor allem kleinere, Betriebe das Fass zum Überlaufen bringen könnte und sie ab Herbst gar keine Lehrlinge mehr aufnehmen." 

Budget-Deckelung ist Unikum 

Die Fakten: Die betriebliche Lehrlingsförderung ist laut Förderrichtlinie aktuell bei 280 Mio. Euro gedeckelt. Ein großer Anteil entfällt auf die Basisförderung, mit der die Lehrbetriebe für ihre hohen Ausbildungsinvestitionen einen Zuschuss erhalten. Dieser beträgt drei Lehrlings-Monatseinkommen (brutto) im ersten Lehrjahr, sinkt danach auf zwei im zweiten Lehrjahr sowie ein Monatseinkommen des Lehrlings im dritten Lehrjahr. Damit werden die Ausbildungskosten, der personelle Aufwand, und die ausbildungsbedingten Auszeiten (ein Fünftel seiner Zeit ist ein Lehrling in der Berufsschule) zumindest etwas abgemildert. 

"Unterm Strich ist damit nur ein Bruchteil der wahren Kosten für die Ausbildungsbetriebe abgedeckt. Dabei ist die duale Ausbildung – wie alle Berechnungen zeigen – die für den Staat kostengünstigste und treffsicherste Ausbildungsform", sagt Scheichelbauer-Schuster und weist darauf hin, dass fast die Hälfte aller Ausbildungsbetriebe nur exakt einen Lehrling ausbildet. Laut ibw-Umfrage sagen 15 Prozent der Ausbildungsbetriebe, sie würden ohne Förderung sicher keine Lehrlinge ausbilden. Weitere 37 Prozent würden die Ausbildung überdenken oder reduzieren. 

Staat spart durch Lehrlingsausbildung Geld 

"Gerade inmitten der Konjunkturkrise müssen wir angesichts der Sparnotwendigkeiten sehr genau hinsehen, wo man sparen kann, wo besser nicht und welche Auswirkungen Einsparungen haben werden. Die Lehrstellenförderung der Ausbildungsbetriebe erreicht doppelt positive Effekte: Nämlich auf die Beschäftigung Jugendlicher einerseits, da mit dem Ausbildungsplatz Zukunftsperspektiven geschaffen werden und sie beim Start in ein selbstbestimmtes Leben gestärkt werden. Und in der Ausbildung der neuen Fachkräfte andererseits, da dies ein essenzieller Puzzlestein für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts ist", sagt Mariana Kühnel, stv. Generalsekretärin der WKÖ. 

Aufgrund der in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Lehrlingseinkommen (Stichwort Inflation und KV-Abschlüsse) werden für die betriebliche Lehrlingsförderung heuer zusätzliche 36,5 Mio. Euro benötigt, um die getätigten Förderzusagen zu erfüllen. Nächstes Jahr werden es voraussichtlich 50 Mio. Euro sein, die über die derzeitige Deckelung hinausgehen. 

Mariana Kühnel: "Die Lehrlingsausbildung ist für den Staat die kostengünstigste Form der Ausbildung. Und sie führt zudem aufgrund der Abgaben, die Lehrlinge über ihr Einkommen leisten, zu Einnahmen des Bundes in Höhe von aktuell 400 Millionen Euro." 

Für den Staat ist das somit ein gutes Geschäft: Schon während der Ausbildungszeit fließen Einnahmen an die öffentliche Hand zurück. Das waren laut Statistik Austria zuletzt (2023) allein aus der Lehrlingsausbildung 400 Mio. Euro an Einnahmen vor allem aus Sozialversicherungs-Beiträgen und der Lohnsteuer. Die Bereitstellung der mehr als 80 Millionen Euro für 2025 und 2026 wäre somit ein wichtiges Signal an die 27.000 Ausbildungsbetriebe, auch im Herbst wieder junge Menschen in die duale Ausbildung aufzunehmen. 


"Hier zu kürzen wäre sehr kurzsichtig. Wir fürchten, dass eine verlorene Lehrlingsgeneration droht. Wer hier spart, zahlt somit doppelt und dreifach drauf. Denn alle Alternativen sind für den Staat wesentlich teurer", sagt Renate Scheichelbauer-Schuster. 

Ausbildungskosten im Vergleich 

Zum Vergleich: Für alle Jugendlichen unter 18 Jahren, die keine Lehrstelle bekommen, müsste aufgrund der geltenden Ausbildungspflicht ein Platz in der schulischen Ausbildung oder in einer Überbetrieblichen Lehrlingsausbildung (ÜBA) finanziert werden. Beides verursacht wesentlich höhere Kosten für den Staat. Ein Platz in der ÜBA schlägt für die öffentliche Hand mit 23.039 Euro pro Auszubildendem zu Buche, ein Schuljahr in BMS oder BHS kostet den Staat im Schnitt 11.947 Euro pro Schüler:in. Zum Vergleich: Die betriebliche Lehrlingsausbildung verursacht der öffentlichen Hand jährliche Kosten von 7.688 Euro pro Lehrling (für Berufsschule und Förderung). Rechnet man die Rückflüsse aus Abgaben und Steuern ein, sinken diese Kosten auf 3.577 Euro pro Ausbildungsplatz.

(PWK136/HSP)