Women Wanted − Positiver Trend für mehr Frauen in der Branche setzt sich fort
Interview mi Nicole Pohn, Sandra Rauch-Schwendinger und Simone Nocke
Lesedauer: 9 Minuten
Drei neue Funktionärinnen für die Interessenvertretung
Der Frauenanteil auf den Wahlvorschlägen der Fachorganisationen der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten bei der Wirtschaftskammerwahl ist in ganz Österreich über alle wahlwerbenden Gruppierungen hinweg von 10,58 Prozent im Jahr 2020 auf 18,80 Prozent gestiegen.
Insgesamt haben sich 266 Personen um ein Mandat beworben – erstmals sind in jedem Bundesland auch Kandidatinnen auf den Listen vertreten. Von den 100 Mandaten sind nun 19 von Versicherungsmaklerinnen besetzt.
Das erfreuliche Wahlergebnis und der gestiegene Frauenanteil auf den Wahllisten waren für uns Anlass, in der aktuellen Ausgabe unserer Fachzeitschrift "Versicherungsmakler" Nicole Pohn (Pohn-Mairinger Versicherungsmakler GmbH), Sandra Rauch-Schwendinger (Geschäftsführerin RAUCH Versicherungsmakler und Vermögensberater GmbH) und Simone Nocker, (WANNER Versicherungsmakler GmbH), drei "neue" Funktionärinnen aus den Ländern, zu interviewen. Die Antworten sind "O-Ton".
Was hat Sie dazu motiviert, den Beruf "Versicherungsmakler:in" zu wählen? Gab es einen Schlüsselmoment oder eine besondere Inspiration?
Sandra Rauch-Schwendinger: Meine größte Inspiration ist mein Papa. Er hat unser Unternehmen mit eigener Kraft aufgebaut – neben einem Hauptberuf und zwei kleinen Kindern. Bis heute haben wir keinen Kundenstock gekauft und sind dennoch stetig und gesund gewachsen.
Er ist immer gut gelaunt, sieht das Positive in den Menschen und setzt sich mit vollem Engagement für unsere Kunden ein. Er ist zufrieden mit dem, was er erreicht hat, und schätzt die Kleinigkeiten im Leben. Er hat wirklich Großes geleistet und tut es immer noch. Für mich ist er ein unglaubliches Vorbild.

Simone Nocker: Da das Versicherungsmaklerbüro meines Vaters seit 1995 besteht, war es nur naheliegend, dass ich mich entschied, in den Betrieb einzutreten und ihn eines Tages "hoffentlich" zu übernehmen. Da ich bereits eine Ausbildung im Bürobereich absolviert hatte, wollte ich meine berufliche Laufbahn in diese Richtung fortsetzen. Ergänzend dazu bildete ich mich zur Versicherungskauffrau und Versicherungsmaklerin weiter.
In all den Jahren war es die Leidenschaft meines Vaters, mit der er das Unternehmen führte, die mich inspirierte und motivierte. Zu sehen, wie vielseitig und spannend dieser Berufszweig ist, hat meine Entscheidung, in der Branche zu bleiben, maßgeblich geprägt.
Nicole Pohn: Durch die Tätigkeit meiner Eltern als Versicherungsmakler wurde ich bereits in jungen Jahren mit dem Thema "Versicherung" vertraut. Während meiner Ausbildung wurde mir klar, dass ich in diesem Bereich bleiben möchte.
Der entscheidende Moment war der Einstieg in den Familienbetrieb. Mir wurde klar, dass die Rolle als Maklerin ideal für mich ist, da sie Fachwissen, Kundeninteraktion und Problemlösungen vereint. Ich schätze besonders, dass ich meinen Kund:innen tatsächlich helfen kann – ungebunden und mit ihrem besten Interesse im Mittelpunkt.
Warum haben Sie sich entschieden, sich ehrenamtlich in der beruflichen Interessenvertretung zu engagieren?
Simone Nocker: Ehrenamtliches Engagement und gemeinsam etwas zu bewegen, macht Freude. Aktuell gibt es meines Erachtens noch zu wenig Frauen, welche die Interessen der Versicherungsmakler:innen vertreten.
Sandra Rauch-Schwendinger: Ehrlich gesagt bin ich da eher hineingerutscht, aber ich schätze meine Kollegen sehr und freue mich, ein Teil dieses Teams zu sein.
Nicole Pohn: Ehrenamtliches Engagement war für mich schon immer ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Seit Jahren bin ich als Rettungssanitäterin tätig und auch im Gemeinderat aktiv. Die Möglichkeit, mich nun auch beruflich für meine Branche einzusetzen, war für mich der nächste logische Schritt. Ich möchte zur Weiterentwicklung unseres Berufsbildes beitragen und sicherstellen, dass Versicherungsmakler:innen auch in Zukunft die besten Rahmenbedingungen für ihre Arbeit haben.
Wie war es für Sie, auf einem Wahlvorschlag zu stehen? Welche Erfahrungen haben Sie in diesem Prozess gemacht?
Nicole Pohn: Es war eine spannende Erfahrung, die mir nochmals verdeutlicht hat, wie wichtig es ist, eine starke Stimme in der Branche zu haben.
Ich möchte dazu beitragen, das Berufsbild des Versicherungsmaklers von alten Klischees zu lösen – weg vom "Verkäufer-Image", hin zum verlässlichen, beratenden Partner.
Nicole Pohn
Sandra Rauch-Schwendinger: Da ich doch schon seit einigen Jahren dabei bin, habe ich das ganz entspannt gesehen.
Simone Nocker: Es war eine angenehme Überraschung, auf dem Wahlvorschlag zu stehen. Mein geschätzter Kollege Michael Schopper hatte mich zuvor in einem kurzen Telefonat gefragt, ob ich ihn und den Tiroler Wirtschaftsbund, Fachgruppe "Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten", unterstützen möchte. Ohne lange zu zögern, sagte ich sofort zu. Schließlich sind wir schon seit vielen Jahren beruflich verbunden, und ich freue mich, meinen Beitrag zu leisten, um die Branche aktiv zu unterstützen.
Welche Themen oder Anliegen möchten Sie in Ihrer Funktionsperiode besonders vorantreiben?
Nicole Pohn: Mir liegt vor allem die Modernisierung der Branche am Herzen. Versicherungen sollen für Kund:innen transparenter und zugänglicher werden. Ich möchte dazu beitragen, das Berufsbild des Versicherungsmaklers von alten Klischees zu lösen – weg vom "Verkäufer-Image", hin zum verlässlichen, beratenden Partner. Darüber hinaus setze ich mich dafür ein, dass junge Menschen, vor allem Frauen, in der Branche bessere Chancen erhalten.
Simone Nocker: Ein großes Anliegen ist mir die Verbesserung der Verständlichkeit von Versicherungsprodukten. Oftmals sind die Bedingungen und Konditionen zu komplex und undurchsichtig. Ich möchte dazu beitragen, dass Versicherungen klarer und transparenter kommuniziert werden. Es ist mir wichtig, dass die Rechte der Versicherungsnehmer gestärkt werden, insbesondere im Hinblick auf faire Schadensabwicklungen und transparente Bedingungen.
Sandra Rauch-Schwendinger: Ich hoffe, dass die Versicherungsmakler weiterhin so gut zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen, ohne dass Machtspiele entstehen. Natürlich ist es mir ein Anliegen, die Aus- und Weiterbildung zu fördern und den Beruf attraktiver darzustellen, als er derzeit wahrgenommen wird.
Es ist mir wichtig, dass die Rechte der Versicherungsnehmer gestärkt werden, insbesondere im Hinblick auf faire Schadensabwicklungen und transparente Bedingungen.
Sandra Rauch-Schwendinger
Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für die Branche, insbesondere für Frauen?

Nicole Pohn: Eines der größten Probleme ist das veraltete Image der Branche. Frauen werden oft nicht als gleichwertige Akteurinnen wahrgenommen, obwohl sie hervorragende Beraterinnen und Unternehmerinnen sind.
Es braucht mehr Sichtbarkeit, Anerkennung und Förderung. Zudem stehen wir vor der Herausforderung, den Beruf für junge Menschen attraktiver zu gestalten und Digitalisierung sinnvoll in unseren Arbeitsalltag zu integrieren.
Sandra Rauch-Schwendinger: Ich bin Teil der WKO Woman und vertrete die Vorarlberger. Dabei ist es mir wichtig, keine Spaltung zu erzeugen – egal ob Frau oder Mann. Junge Menschen sollten den Mut haben, sich selbstständig zu machen. Natürlich ist das kein klassischer 38-Stunden-Job, aber er macht Spaß, ist abwechslungsreich und lohnt sich. Für Frauen kann es besonders herausfordernd sein, wenn der Wunsch nach Familie und Kindern besteht. Doch das hat weniger mit dem Geschlecht zu tun, sondern vielmehr mit der Einsicht des Partners und der Familie, hier mit anzupacken.
Mein Mann und meine Familie stehen voll hinter mir und sind immer für unsere Kinder da, wenn ich beruflich verreise. Ohne ihre Unterstützung wäre das alles nicht möglich, und ich bin sehr dankbar für ihre Hilfe, die es mir ermöglicht, sowohl beruflich als auch privat meine Ziele zu verfolgen.
Simone Nocker: Frauen haben (auf Grund der familiären Situation) oft weniger Zugang zu Schulungen und Netzwerken, die ihre berufliche Weiterentwicklung unterstützen könnten. Ohne diese Unterstützung können Frauen Schwierigkeiten haben, die benötigten Fähigkeiten zu erwerben. Frauen können in der männlich dominierten Versicherungsbranche mit Vorurteilen konfrontiert sein, die ihre Fähigkeit, Vertrauen zu schaffen, beeinträchtigen könnten. Dennoch haben sie oft den Vorteil einer stärkeren empathischen Kommunikation und können durch ihre Art des Vertrauensaufbaus in der Kundenberatung besonders erfolgreich sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Welche Eigenschaften oder Werte schätzen Sie an erfolgreichen Frauen in der Versicherungsbranche besonders?
Sandra Rauch-Schwendinger: Ich schätze nicht nur erfolgreiche Frauen, sondern auch erfolgreiche Männer – ich mache da keinen Unterschied. Klar ist es für Frauen mit Familie noch schwieriger, aber auch für Männer mit Familie ist es nicht immer leicht, besonders hier in Vorarlberg, wo oft die längste Anreise erforderlich ist und man häufiger von den Liebsten getrennt ist. Wir sind dennoch Dienstleister, und viele Kundentermine finden oft abends oder am Freitagnachmittag statt. „Erfolgreich“ ist ein sehr großer Begriff. Für mich bedeutet Erfolg, zufrieden mit dem Leben zu sein, das, was man hat, zu schätzen und eine Balance zwischen Familie, Arbeit und Freizeit zu finden. Wer das schafft, hat wirklich alles erreicht und ist für mich erfolgreich – denn wahre Erfüllung kommt nicht nur durch beruflichen Erfolg, sondern auch durch ein ausgewogenes und zufriedenes Leben, in dem man das, was wirklich zählt, im Gleichgewicht hält.
Nicole Pohn: Ich bewundere Frauen, die mit Fachkompetenz, Empathie und Durchsetzungsvermögen ihren Weg gehen. Besonders schätze ich Authentizität, Mut und den Willen, Veränderungen anzustoßen. Erfolgreiche Frauen in unserer Branche beweisen immer wieder, dass man auch in einem traditionellen Umfeld neue Impulse setzen kann – und das inspiriert mich.
Simone Nocker: Frauen, welche eine klare Vision und die Fähigkeit besitzen, diese durchzusetzen, indem sie ihr Team motivieren und zu Höchstleistungen anregen. Auch die Frauen, die sich durch Transparenz und Ehrlichkeit ein hohes Maß an Vertrauen erarbeiten. Am meisten imponieren mir jene Frauen, welche sich von beruflichen Rückschlägen erholen und weitermachen.
Ich schätze nicht nur erfolgreiche Frauen, sondern auch erfolgreiche Männer – ich mache da keinen Unterschied.
Simone Nocker
Welche Bedeutung hat die Initiative "Women Wanted – Frauen für die Branche gesucht" für Sie?
Simone Nocker: Die Initiative setzt ein starkes Zeichen für die Förderung von Frauen und trägt dazu bei, die geschlechtliche Ungleichheit in der Versicherungsbranche zu verringern. Sie hilft, mehr Frauen für die Branche zu gewinnen und ihre Sichtbarkeit zu erhöhen. Sie macht auf das Potenzial von Frauen in einer Branche aufmerksam, die oft als männerdominiert wahrgenommen wird.
Sandra Rauch-Schwendinger: Für mich war immer klar, dass ich eine Familie möchte. Mit meinen zwei kleinen Spatzen war es nicht immer leicht, alles unter einen Hut zu bringen. Deshalb weiß ich, wie hart es sein kann. Dennoch sollten sich Frauen trauen und ihre eigenen Träume verwirklichen.
Nicole Pohn: Die Initiative "Women Wanted" ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um Frauen in der Versicherungsbranche sichtbarer zu machen und ihnen Mut zu geben, ihren eigenen Weg zu gehen. Die Branche ist immer noch stark männerdominiert, und es braucht gezielte Maßnahmen, um dieses veraltete Bild aufzubrechen. Für mich bedeutet die Initiative vor allem, dass Frauen ermutigt werden, selbstbewusst in diese vielseitige und spannende Branche einzusteigen.
Was würden Sie jungen Frauen mitgeben, die sich für die Versicherungsbranche interessieren oder über ein Engagement in der Interessenvertretung nachdenken?
Nicole Pohn: Ich würde ihnen mitgeben, dass die Versicherungsbranche unglaublich viel zu bieten hat: Sie ist abwechslungsreich, zukunftssicher und bietet viel Gestaltungsspielraum. Gerade als Frau kann man hier neue Impulse setzen und zeigen, dass es nicht nur um Zahlen und Verträge geht, sondern um echte Beratung auf Augenhöhe. Mein Rat: Seid mutig, vernetzt euch mit anderen Frauen in der Branche und bleibt euch selbst treu. Und wenn sich die Möglichkeit ergibt, sich in der Interessenvertretung zu engagieren – ergreift sie! Denn nur wer mitgestaltet, kann wirklich etwas verändern.

Sandra Rauch-Schwendinger: Diese Branche ist ideal, um auch neben den Kindern klein anzufangen und gesund sowie stetig zu wachsen. Der Job ist flexibel, die Termine können selbst koordiniert werden, und Backoffice-Arbeiten können auch abends oder im Homeoffice erledigt werden. Dies macht den Beruf perfekt für Frauen (und Männer), die Familie und Karriere unter einen Hut bringen möchten.
Man muss sich einfach nur trauen – verlieren kann man nichts. Rückblickend auf 19 Jahre in unserem Familienbetrieb, bereue ich kein einziges Jahr und habe meinen Traumjob gefunden.
Simone Nocker: Selbstvertrauen ist der Schlüssel. Die Versicherungsbranche kann herausfordernd sein, aber es ist wichtig, an sich selbst zu glauben. Bleib neugierig: Die Versicherungsbranche entwickelt sich ständig weiter. Nutze Weiterbildungsangebote, um stets auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Ein aktives Netzwerk ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg. Sieh neue Herausforderungen als eine neue Chance. Finde eine Balance zwischen deinem Berufsleben und deiner Freizeit. Nur so kannst du langfristig produktiv und glücklich bleiben!
Für mich bedeutet die Initiative vor allem, dass Frauen ermutigt werden, selbstbewusst in diese vielseitige und spannende Branche einzusteigen.
Simone Nocker
Danke für Ihre Zeit!