Josef Herk in Diskussions-Pose
© Wolf

"Die höchste Form der Solidarität ist Leistungswille"

WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk über das Ende der Party, wenn’s um gestiegene Arbeitskosten geht, und warum es jetzt eine Reform der Haltung braucht.

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Aktualisiert am 24.04.2025

Der Tag der Arbeit steht vor der Tür. Hat dieser auch für die steirischen Unternehmerinnen und Unternehmer eine Bedeutung? 

Herk: Ich würde das mit einer Gegenfrage beantworten: Was wäre der Tag der Arbeit ohne Arbeitgeber? So gesehen hat dieser Tag natürlich eine Bedeutung. Aber nicht als historisches Manifest, sondern als Anlass, um ein notwendiges Maß an Selbstreflexion in unserem Land voranzutreiben. Viele scheinen nämlich zu glauben, dass der Wohlstand, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den vergangenen Jahrzehnten gemeinsam aufgebaut haben, etwas Gottgegebenes ist. Dem aber ist nicht so – ganz im Gegenteil: Wir laufen mehr und mehr Gefahr, Wohlstand zu verlieren. 

Welche Gründe sehen Sie für diesen drohenden Verlust?

Es ist die Kombination aus globalen Krisen inmitten einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Transformation einerseits und hausgemachten Problemen andererseits. Ein toxischer Konjunkturmix, der eine Dauerkrise zur Folge hat, wie wir sie in der zweiten Republik noch nie zuvor erlebt haben – auch wenn diese bei den meisten Menschen als solche noch nicht angekommen ist. Was erfreulich ist, aber gleichzeitig eine große Gefahr darstellt. 

Was meinen Sie mit Gefahr? 

Wir haben die Auswirkungen der hohen Inflation auf die Bevölkerung durch staatliche Transfers und Lohnsteigerungen weitestgehend abgefedert. Das ist natürlich gut für den Einzelnen, hat aber Folgen: Öffentliche Haushalte verzeichnen Rekorddefizite und der Wirtschaftsstandort verliert an Wettbewerbsfähigkeit. Mit den massiv gestiegenen Arbeitskosten haben wir uns im wahrsten Sinn des Wortes selbst rausgepreist – dem müssen wir entschieden gegensteuern. Denn irgendwann kommt der Punkt, wo die Party zu Ende ist und die Rechnung bezahlt werden muss.

Und wie wollen Sie dem konkret entgegensteuern?

Da gibt es eine lange Liste an Vorschlägen, doch die allein greift zu kurz – unser Problem liegt tiefer. Wir haben ein System geschaffen, das systematisch jene Eigenschaften zerstört, die eine erfolgreiche Wirtschaft und Gesellschaft ausmachen: nämlich Eigenverantwortung, selbständiges Denken und Mut zum Risiko. Ob Steuerreform, Pensionsreform oder Gesundheitsreform – sie alle wären dringend notwendig. Aber was wir davor schaffen müssen, ist eine Reform der Haltung. 

Was darf man sich unter einer solchen Reform vorstellen?

Unternehmerinnen und Unternehmer gewinnen durch Risiko, profitieren von Innovation, lernen aus Fehlern und haften schließlich persönlich. Das System dagegen bestraft Mut und belohnt oftmals das Nichtstun. Wir brauchen eine Haltung, die Selbständigkeit und Eigenverantwortung fördert, die Leistung in den Mittelpunkt stellt und diese auch belohnt. 

Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die neuen Regierungsprogramme in Bund und Land? 

Sie sind auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Aber jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Als Wirtschaftskammer haben wir der Politik eine Standortpartnerschaft angeboten. Denn wir brauchen einen solchen Schulterschluss der konstruktiven Kräfte, um die vielen Herausforderungen der Gegenwart meistern zu können. Als Basis dafür haben unsere Experten 100 Maßnahmen für eine leistungsfreundliche Steiermark erarbeitet. 

Und wie sehen diese Maßnahmen beispielsweise zum Thema Arbeit aus?

Es braucht eine rigorose Entlastung des Faktors Arbeit, sowohl, was die Lohnnebenkosten betrifft, als auch bei dem, was den Menschen am Ende des Tages netto übrigbleibt. Darüber hinaus darf unser Steuersystem nicht weiter „Weniger-Arbeiten“ fördern. Folge davon ist nämlich eine Teilzeitquote auf Rekordniveau, damit muss Schluss sein. Zumindest wenn man die Errungenschaften unseres Sozialsystems auch in Zukunft „Vollzeit“ nutzen will. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Und – so ehrlich müssen wir sein – es wird über kurz oder lang auch kein Weg  an einer Anpassung des Pensionsantrittsalters an die gestiegene Lebenserwartung vorbeiführen.