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„Beraten vor strafen!“

Der Leiter der Arbeitsinspektion Tirol, Andreas Reinalter, erklärt im Gespräch mit der Tiroler Wirtschaft, wo es den größten Handlungsbedarf gibt, in welchen Bereichen heuer Schwerpunktaktionen geplant sind, welche Maßnahmen Betriebe ergreifen sollten und wie sich im Dialog Probleme lösen lassen.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 27.03.2025

Welche häufigen Verstöße oder Mängel stellt die Arbeitsinspektion in Tirol fest? Wo gibt es den größten Handlungsbedarf?

Andreas Reinalter: Naturgemäß sind auf Baustellen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen immer wieder Mängel vorzufinden. Sei es auf Dächern bei der Montage von PV-Anlagen, wo

Arbeitnehmer:innen ungesichert ihre Tätigkeit verrichten, aber auch im Hochbau bei fehlenden Absturzsicherungen oder bei ungesicherten Kü- netten im Tiefbau. Prüfpflichten werden oft übersehen, der falsche Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen kann zu Problemen führen und fehlende Schutzmaßnahmen an Maschinen werden immer wieder angetroffen.

Welche Schwerpunkte setzt die Arbeitsinspektion aktuell in Tirol? Gibt es neue Prüfschwerpunkte für 2025?

Im Jahre 2025 führen wir in Tirol einen regionalen Schwerpunkt mit dem Thema mobile Müllpressen durch. Österreichweit werden wir uns das Arbeiten mit Tischkreissägen ansehen, hier ereignen sich immer wieder schwere Arbeitsunfälle. Weiters werden wir in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeiter:innen überprüfen, ob Mängel in der Sicherheits- und Gesundheitsschutzorganisation vorhanden sind; dabei geht es nicht nur um die Prävention von Unfällen, sondern auch um Schutzmaßnahmen gegen Hitze und UV-Strahlung bei Arbeiten im Freien. Eine weiter Schwerpunktaktion wird die Beratungsoffensive in KMU in Bezug auf die Verwendung von gefährlichen Arbeitsstoffen sein und wir werden an 4 sogenannten „Fokustagen“ in Betrieben, auf Baustellen aber auch auf Bundesdienststellen den ordnungsgemäßen Umgang mit Arbeitsstoffen vor Ort begutachten und, wenn nötig, beraten.

Gibt es typische Missverständnisse rund um die Arbeit des Arbeitsinspektorats, die Sie aufklären möchten?

Das „strafende Arbeitsinspektorat“ ist ein Mythos. Bei über 50.000 Kontrollen österreichweit gibt es nur rund 1.000 Anzeigen. Das zeigt, dass die gute Zusammenarbeit mit den Betrieben funktioniert.

Welche Maßnahmen können Betriebe ergreifen, um eine Inspektion möglichst reibungslos zu gestalten?

Die benötigten Informationen zum Arbeitnehmer:innenschutz sollten, auch wenn der Betriebsinhaber oder Geschäftsführer nicht anwesend ist, greifbar sein. Eine Struktur wäre da oft sehr hilfreich.

Welche Branchen oder Unternehmensgrö- ßen stehen besonders im Fokus der Kontrollen?

Aufgrund der Unfallquote, auf Österreich bezogen, sehen wir uns heuer vermehrt Baustellen aller Art und Betriebe im Hinblick auf die Verwendung von gefährlichen Arbeitsstoffen an.

Welche präventiven Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht besonders effektiv, um Arbeitsunfälle zu vermeiden?

Vor allem eine gute Arbeitsvorbereitung, die das Improvisieren, das oft zu Unfällen führt, erspart. Dazu auch Information, Unterweisung und eine verständliche Aufklärung über das Gefahrenpotenzial.

Wie können Unternehmen psychische Belastungen am Arbeitsplatz besser managen, um Ausfälle zu reduzieren?

Natürlich ist die Evaluierung der psychischen Belastungen ein Baustein, der hilft Ausfälle und Fehlbelastungen zu vermeiden. So entsteht z.B. durch schlechte Arbeitsorganisation Stress, der krank macht. Das heißt, eine Verbesserung der Arbeitsorganisation vermeidet Stress und mindert arbeitsbedingte psychische Belastungen.

Oft wird kritisiert, dass Vorschriften zu kompliziert oder praxisfern sind. Wie unterstützt die Arbeitsinspektion Unternehmen dabei, gesetzliche Vorgaben effizient umzusetzen?

Wir beraten Arbeitgeber:innen, Betriebsrät:innen und Arbeitnehmer:innen täglich, wie sie Vorschriften am besten und einfachsten in die Praxis umsetzen können. Auf unsere Homepage werden immer „good practice Beispiele“ angeführt. Ich möchte herausstreichen, dass ein guter Arbeitnehmer:innenschutz nicht nur die Beschäftigten vor Unfällen und Krankheiten schützt, sondern wirtschaftlich auch den Arbeitgeber:innen nützt, durch weniger Ausfälle, Krankenstandstage usw.

Gibt es Möglichkeiten für Betriebe, mit dem Arbeitsinspektorat in den Dialog zu treten, bevor es zu Beanstandungen kommt?

Natürlich, wie vorhin erwähnt bei Fragen oder Problemen einfach bei uns anrufen. Unser Motto ist noch immer: Beraten vor strafen!