
Wie Wiens Betriebe Nachhaltigkeit leben
Wie man ökologische Maßnahmen und Wirtschaftlichkeit verbindet, um sowohl dem eigenen Unternehmen als auch der Umwelt etwas Gutes zu tun, zeigen Wiener Vorzeige-Betriebe.
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Im Bild (v.l.): Walter Ruck, Präsident WK Wien, die Geschäftsführer der Faustenhammer GmbH Alfred Huber und Wolfgang Artacker, und Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky.
Ich bin mir sicher, dass Sie zumindest einmal im Jahr etwas in der Hand halten, in dem unsere Teile verbaut sind. Denn ich bin selbst oft überrascht, wo die überall eingebaut werden”, sagt Wolfgang Artacker, kaufmännischer Geschäftsführer der Faustenhammer GmbH. Gemeinsam mit seinem Cousin Alfred Huber führt er den Wiener Familienbetrieb in dritter Generation. Produziert werden technische Federn und Drahtbiegeteile, die beispielsweise in der Auto-, Elektro- oder Sportgeräteindustrie zum Einsatz kommen.
Ökologie und Ökonomie sind kein Widerspruch.
Walter Ruck
Präsident der Wirtschaftskammer Wien
Knapp 50 Millionen Stück dieser Produkte verlassen pro Jahr die Produktionsstätte im 21. Bezirk. Ein energieintensives Unterfangen, das jedoch dank der Nachhaltigkeitsbestrebungen des Unternehmens reduziert werden konnte. „Es war uns aus ökologischer und ökonomischer Sicht wichtig, uns weiterzuentwickeln”, beschreibt Alfred Huber die Motivation des Familienbetriebes. Dass dies geglückt ist, zeigen die zahlreichen Zertifizierungen, die Faustenhammer für dieses Engagement bisher erhielt. Anfang April etwa wurde das Unternehmen gemeinsam mit 139 weiteren Wiener Betrieben in Rahmen von OekoBusiness, dem Umweltserviceprogramm der Stadt Wien, ausgezeichnet.
Schonung der Umwelt und der Geldbörse
Je nach Branche, Unternehmensgegenstand und Betriebsgröße bietet OekoBusiness Wien verschiedene Beratungs- und Zertifizierungsleistungen, kofinanziert u.a. durch die WK Wien. Im Fokus aller Beratungsmodule steht zum einen der Klima- und Umweltschutz, zum anderen jedoch genauso der wirtschaftliche Mehrwert, den Unternehmen langfristig daraus ziehen. Vor mittlerweile 26 Jahren ins Leben gerufen, ist dieses Umweltserviceprogramm eine Erfolgsgeschichte hinsichtlich der Entlastung sowohl der Wiener Betriebe als auch der Umwelt. „Das zeigt, dass man in dieser Stadt schon sehr früh erkannt hat, dass Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch sind, sondern eine Verbindung”, sagt Walter Ruck, Präsident der WK Wien.

Optimierungspotenziale finden
Faustenhammer etwa nahm am Modul OekoWin teil, das zu einem wesentlichen Teil auf die Senkung der Betriebskosten abzielt. Gerade für energieintensive Betriebe ist dies hinsichtlich Einsparungspotenzial ein entscheidender Hebel. An den OekoBusiness-Programmen nimmt das Unternehmen generell seit 2007 regelmäßig teil. Vom Umfang an Optimierungspotenzial war auch der Geschäftsführer selbst überrascht. „Im ersten Jahr dachte ich, wir wären fertig. Aber siehe da, es hat sich jedes Jahr etwas aufgetan, das wir noch umsetzen können. Wie man ökologische Maßnahmen und Wirtschaftlichkeit verbindet, um sowohl dem eigenen Unternehmen als auch der Umwelt etwas Gutes zu tun, zeigen Wiener Vorzeige-Betriebe. Manchmal waren es kleine Dinge, manchmal große, aber möglich war immer etwas”, ergänzt Artacker.
Fachwissen für neue Projekte
Entgegen kam dem Unternehmen dabei ein Umzug 2016 in einen eigens errichteten Neubau, da der bisherige Standort zu klein wurde. „Am alten Standort konnten wir vieles nicht umsetzen, auf das wir beim neuen aber von Anfang an geachtet haben. Dabei war es auch ein Vorteil, dass wir schon an so vielen Beratungen teilgenommen haben. Da haben sogar die Professionisten geschaut, mit welchen Ideen für den Neubau wir daherkamen”, so der Firmenchef. Mittlerweile bezieht man einen Großteil des Energiebedarfs aus der Photovoltaikanlage am Dach, der Rest wird CO2-frei zugekauft. Ein weiteres Beispiel für die zahlreichen umgesetzten Maßnahmen ist der Einsatz von Brunnenwasser, mit dem etwa im Winter die beiden Wärmepumpen bespeist werden. Im Sommer hingegen wird dieses zum Kühlen verwendet. Die im Betrieb erzeugte Wärme – etwa durch laufende Kompressoren oder die Stahlbearbeitung in der Produktion – wird in andere Räume umverteilt bzw. zur Warmwasseraufbereitung genutzt. Doch haben sich in finanzieller Hinsicht tatsächlich alle Maßnahmen rentiert? „Klar, es sind immer Investitionen nötig. Manche dauern länger und manche weniger lang, um sich zu amortisieren. Aber nicht ausgezahlt hat sich bisher noch keine Maßnahme”, weiß Artacker: „Man muss da an die Zukunft denken.” Als Beispiel nennt er die Photovoltaikanlage; Hier kalkulierte Faustenhammer mit einer Amortisierung in 13 Jahren. Womit man jedoch nicht rechnen konnte, war der Anstieg der Energiepreise. Somit genügte die Hälfte der Zeit, bis die Investition sich auszahlte.

Nachhaltigkeit in der DANN
Öko-Investitionen zugunsten von Umwelt und Betrieb sind auch das Credo der Familie Komarek. Sie betreibt unter dem Namen „Schani Hotels” derzeit vier Hotels in Wien, ein fünftes ist im Werden. Im Bio-Hotel Schani Wienblick am Wilhelminenberg setzte Seniorchefin Hilda Komarek schon früh ihre Vision von Nachhaltigkeit um. Ihre Schwiegermutter sei eine Pionierin in diesem Bereich gewesen, erzählt Juliette Komarek-Hehle, Nachhaltigkeitsmanagerin im Unternehmen. „Das war immer schon ein Grundgedanke der Familie. Das Hotel Schani am Wilhelminenberg war – damals noch unter dem Namen Hotel Gallitzinberg – eines der ersten, die das Österreichische Umweltzeichen erhalten haben", betont sie. Das Hotel Schani am Hauptbahnhof wurde heuer schon zum dritten Mal mit dem Umweltzeichen Tourismus ausgezeichnet. Bereits beim Bau des 2015 eröffneten Hauses achtete man darauf, den ökologischen Fußabdruck des Gebäudes klein zu halten, betont Komarek-Hehle. „Es wurde nach Öko-Standards geplant und erhielt den Green Building Award.” So kamen möglichst naturnahe Materialien wie Holz, Metall und Stein zum Einsatz, Plastik wurde reduziert, wo immer möglich. Auch Heizung, Kühlung, Verglasung und Beleuchtung sind schon so konzipiert, dass ein möglichst energiesparender Betrieb des Hotels möglich ist. Die Lebensmittel – darunter viele Bio-Produkte – kommen möglichst von regionalen Zulieferern. Auch auf richtige Abfalltrennung, sparsamen Wasserverbrauch und umweltschonende Reinigungsmittel wird geachtet. „Zimmerreinigung und Handtuchwechsel erfolgen nicht automatisch täglich, sondern auf Wunsch des Gastes. Und es gibt Goodies für alle, die öffentlich anreisen”, sagt Komarek-Hehle. Die Schani Hotels sind Teil der Forschungsreihe „FutureHotels” des Fraunhofer Instituts und daher in Sachen Nachhaltigkeit immer auf dem neuesten Stand. Auch soziale Nachhaltigkeit ist den Komareks wichtig. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden immer wieder Schulungen statt, die auch den Teamgedanken stärken. Events wie Kleidertauschbörsen oder Kulturveranstaltungen sollen zudem auch die Nachbarschaft ins Haus holen. „Unser Fokus liegt nicht nur auf dem Gast, sondern auch auf der Schani-Community”, betont die Hotelmanagerin. Die Gäste, so sagt sie, schätzen die konsequent nachhaltige Ausrichtung zusehends. „Wir ziehen Menschen an, denen das wichtig ist – und es werden immer mehr."
Weiterentwicklung des Programms
Das OekoBusiness-Programm wird – um am Ball zu bleiben – laufend weiterentwickelt. Ziel ist, die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen zu fördern und Betriebe bei der Umsetzung von Umweltmaßnahmen zu unterstützen. In der im April gestarteten neuen Förderperiode von OekoBusiness sind daher zusätzliche Schwerpunkte im Bereich Kreislaufwirtschaft und Biodiversität geplant. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, eine Stadt ohne Verschwendung zu werden, in der nur jene Ressourcen verbraucht werden, die uns auch zur Verfügung stehen. Reparieren, Wiederverwenden und Recycling sollen in Wien ebenso zur neuen Normalität werden wie eine erneuerbare Energieversorgung”, sagt dazu Klimastadtrat Jürgen Czernohorsky: „Es geht uns darum, ein gutes Leben für alle in unserer Stadt sicher zu stellen. Dabei spielen Unternehmen eine zentrale Rolle.”
